LANDPARTIE 4
TOURING: AUF UND AB IM MÜHLVIERTELText & Fotos: M. Bernleitner HOPFENTLICH BIS BALDWir fahren dorthin, wo das Bier wächst, und nicht nur das. Im Mühlkreis zwischen Großer Mühl, Kleiner Mühl und Steinerner Mühl schlängeln wir uns durch ein Grenzland, das jetzt wieder im MIttelpunkt steht![]() Wo fängt's an, wo hört es auf? Nähert man sich dem Mühlviertel zu Beispiel aus dem Osten, also aus Niederösterreich oder dem Wiener Raum, dann wollen wir dem Leser hier gleich einen Tipp aufdrängen, wie man blitzeschnell dort ist, ohne sich zwischen den elenden Schallschutzwänden der Westautobahn wie eine Kugel im Lauf vorzukommen: In Melk runter von der A1 und ab auf die B3, die Donauufer-Bundesstraße, durch Nibelungengau und Strudengau. Bis Linz dauert's vielleicht eine halbe Stunde länger, und man kriegt auch etwas dafür – der Verkehr ist immer flüssig, man sieht schöne Landschaft und kommt durch nette Ortschaften mit ordentlichen Wirtshäusern. Zudem ist die Donau samt Uferstraße im Strudengau so kurvig, dass man auch auf dem Roller in hübsche Schräglage kommt. Das passt dem Yamaha T-Max. Ab Grein an der Donau sind wir im Mühlviertel. Ein Stopp lohnt hier immer, für einen Spaziergang über den schönen Stadtplatz, für die Ausstellung im historischen Stadttheater, für die Greinburg oder einfach für eines der netten Cafés oder Gasthöfe. Doch eigentlich lockt uns der Böhmerwald, ganz oben im Dreiländereck Bayern-Oberösterreich-Tschechei. 10, 12 Kilometer oberhalb von Linz geht's los für den T-Max – geschwungene Kurvenverläufe, hügelauf und hügelab. Flache Stellen Stellen gibt es wirklich kaum im Mühlviertel, und hinter jeder Kuppe tut sich ein neues, wohltuendes Panorama auf. Wäre das Klima nicht bisweilen etwas rau und würde hier Wein gekeltert, dann wäre sicher schon jemand auf die intelligente Idee gekommen, die schöne Gegend als die „oberösterreichische Toskana" zu bezeichnen. Ist bis jetzt gottlob nicht passiert. Plötzlich steigt süßlicher, angenehmer Duft in Helm und Nase. Es ist die Zeit der Hopfenernte! In Pehersdorf treffen wir auf Herrn Bürgermeister Alfred Allerstorfer, der gleichzeitig auch Hopfenbauer und Museumsdirektor ist. Seit tausend Jahren wird im Mühlviertel Hopfen geerntet. Allerstorfer gründete das erste österreichische Hopfenmuseum, das seinen Besuchern den enorm arbeitsintensiven Anbau der Dolde näher bringt. Das fertige Produkt ist dann auch ziemlich kostspielig: 100 Gramm Hopfenpellets genügen, um einem Hektoliter Bier den unverwechselbaren edelbitteren Geschmack zu geben. Die Pharmaindustrie ist ebenfalls Kunde und mittlerweile macht man auch Hopfenschnaps, Hopfenwurst, Hopfenpralinen, Hopfenschokolade – die moderne Genuss-Industrie ist erfindungsreich ... Neben der Brauerei Hofstetten und einigen Hausbrauereien ist die Stiftsbrauerei in Schlägl für die Hopfenverwertung zuständig. Wir sind hier schon ganz knapp an der tschechischen Grenze, die keine Grenze mehr ist. Noch vor 20 Jahren war man hier ziemlich „im Eck" – das Mühlviertel machte einen langen Dornröschenschlaf, der rückwirkend betrachtet ein Schönheitsschlaf war. Die unfreiwillige wirtschaftliche Ruhe ist heute das Kapital, das touristisch lautere Regionen gerne hätten. Im Jahr 1218, als das Prämonstratenser Chorherrenstift Schlägl gegründet wurde, war der Böhmerwald überhaupt noch undurchdringlicher Urwald. Die Wildnis wurde zurückgedrängt, das Stift ist bis heute das geistige und kulturelle Zentrum im Norden Oberösterreichs. Und nach übereinstimmender Meinung von Bierkennern eine Genusswerkstatt ersten Ranges. Der Besuch im ehrwürdigen Weberstädtchen Haslach ist auf einer Mühlvierteltour unerlässlich. Erstens gibt es hier zahlreiche Museen und Ausstellungen, die über die Geschichte des Mühlkreises Zeugnis ablegen. Zweitens gelangen wir hier zu einem ganz besonders gesunden Erzeugnis der Gegend: Der Flachsanbau hat hier alte Tradition. Seit 600 Jahren wird in der Haslacher Ölmühle Leinöl gepresst, seit über 200 Jahren ist sie im Besitz der Familie Koblmiller. Bekanntlich hat Leinöl den mit Abstand höchsten Anteil ungesättigter Fettsäuren unter allen bekannten Ölen. Manche uralten Sachen sind heute wieder hochmodern: So besitzt die an der Großen Mühl gelegene Ölmühle ein gepflegtes eigenes E-Kraftwerk, das immerhin 30 Kilowatt erzeugen kann. In ganz Haslach gibt es sogar vier private Wasserkraftwerke. Kommen wir nochmal zurück zur Frage, wie groß das Mühlviertel wirklich ist? In einem Tag kommt man gut durch. Bleibt man aber eine Woche, hat man immer noch längst nicht alles entdeckt. Ein Monat? Jahr? Zu aller Begeisterung kommt dann noch dazu: Es ist ein perfektes Zweiradrevier.
![]() Für Mühlviertler Spezialitäten sollte besonders der Gasthof Haudum in Helfenberg besucht werden: Speck-Pionier Peter Haudum betreibt hier eine Speckwerkstatt, deren Köstlichkeiten weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind; Rohrbacher Straße 2, 4184 Helfenberg, Tel.: 07216/62 48-0; www.haudum.at. Der Landgasthof Diendorfer in Neudorf serviert Mühlviertler Hausmannskost und versteht sich ganz besonders auf vielfältige, nahrhafte Knödelgerichte; Neudorf 6, 4170 Haslach, Tel.: 07289/719 29; www.diendorfer.at
![]() Zwischen 09.00 und 12.00 Uhr besuchen wir das Kaufmannsmuseum Haslach und versetzen uns in einen Kramerladen von 1913 zurück; Windgasse 17, 4170 Haslach, Tel.: 07289/721 73 oder Tel.: 07289/715 61. Österreichs einzige Stiftsbrauerei befindet sich im Prämonstratenser Chorherrenstift Schlägl, wo auch Führungen durch die historisch bedeutsamen Bauwerke angeboten werden; 4160 Schlägl 1, Tel.: 07281/88 01-0; www.stift-schlaegl.at. Und wieder zurück in Haslach geht's noch ins Museum Mechanische Klangfabrik, wo hunderte faszinierende Musikautomaten aus allen Epochen aus der Sammlung eines ehemaligen Webereibesitzers ausgestellt sind; Stelzen 15, 4170 Haslach, Tel.: 07289/715 57; www.mechanischeklangfabrik.at
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