ROLLER-TEST
YAMAHA T-MAX 6. GENERATIONText: Redaktion Fotos: Jonathan Godin WER HAT, DER HATUnd immer, wenn man glaubt, an einem Sportroller kann man nicht mehr viel besser machen, kommt Yamaha mit einer neuen Version![]() Erfolg verwöhnt nicht nur, sondern motiviert und macht im günstigsten Fall außergewöhnlich fleißig: So könnte man die enorme Hingabe, fast Inbrunst, betrachten, mit der Yamaha seit 2001 sein Denkmal des modernen Sportrollers immer wieder und unermüdlich verbessert. Kein Detail ist zu klein oder zu unwichtig. Es gibt Großroller, die noch komfortabler und luxuriöser sind, aber das fahrdynamische Gesamtpaket des Yamaha T-Max ist nach wie vor unerreicht. Kaum taucht ein Epigone auf und übernimmt Features des Vorbilds, ist schon wieder dessen nächste Generation da, und die Konkurrenz darf das Fernrohr ausziehen. Die Dominanz des T-Max wird in wenigen Zahlen deutlich: Über eine Viertelmillion Exemplare wurden seit 2001 erzeugt, damit ist er auch eines der erfolgreichsten Motorräder von Yamaha; im Maxiscooter-Premiumsegment (über 500 Kubik Hubraum) hat er mehr als 50 Prozent Marktanteil – und das, obwohl er nicht gerade zu den Scooter-Billigangeboten gehört. Die wesentlichen Entwicklungsschritte gab es 2004 mit der Einführung der elektronischen Einspritzung; dann 2008, als er einen Aluminiumrahmen bekam; und 2012, als der Hubraum des DOHC-Zweizylinder-Achtventilmotors von 499 auf 530 Kubik angehoben und der Sekundärtrieb mit einem geschmeidigen Zahnriemen ausgestattet wurde. Die Aufrüstung mit Upside-down-Telegabel und Keyless System im Jahr 2015 kann in der lebhaften T-Max-Modellhistorie als „minor Update“ gelten – aber weil damals auch die Front ein bisschen geliftet wurde, darf sich jetzt der neue 2017er mit Fug und Recht als T-Max der sechsten Generation bezeichnen. Im Lauf der Jahre gab es immer wieder Sondermodelle und Ausstattungsvarianten – der neueste T-Max kommt aber gleich von Beginn an in drei Ausführungen, um individuelle Kundenansprüche besser abdecken zu können: Schon die Basisversion (12.999 Euro) ist gut ausgerüstet, die neue Traktionskontrolle, Smartkey und die innovative automatische Hauptständersperre (als zusätzlicher Diebstahlschutz) sind serienmäßig dabei. Die Version DX (13.599 Euro) hat verfeinerte Oberflächen, zwei Betriebsmodi für das Ansprechverhalten des Motors sowie die Vernetzung mit der My TMAX Connect App samt in den Roller integriertem GPS-Diebstahlschutz. Das Luxus-Luxus-Modell ist der T-Max DX um 14.699 Euro, bei dem die umfangreichen Features noch mit Tempomat, Heizgriffen, beheizter Sitzbank und elektrisch höhenverstellbarem Windschild getoppt werden. Alle Versionen haben klarerweise den neuen Alurahmen mit um 40 Millimeter verlängerter Hinterradschwinge und horizontal unter dem Motorblock liegenden Zentralfederbein, den etwas schmäleren Felgen als bisher, dem neuen schmäleren Kevlar-Zahnriemen und dem im Vergleich zum Vorgänger vergrößerten Kofferraum. Das Motorlayout bleibt gleich, weil es nach Yamaha-Verständnis perfekt ist – intern gibt es aber zahlreiche Detailänderungen wie etwa das hoch entwickelte chipgesteuerte Drosselklappensystem (YCC-T), das die extrem fein ansprechende Traction Control überhaupt erst möglich macht. Die Änderungen am Chassis ergeben eine erfreuliche Gewichtsreduktion um neun Kilo – mit 213 Kilo vollgetankt (Version SX) ist der neue T-Max schon wieder der mit Abstand leichteste Maxiscooter. Jeder andere Großroller schleppt im Vergleich dazu mindestens einen halben, meistens aber ganzen Zementsack mit sich herum. Bei gleich gebliebener Motorleistung von 33,8 kW (46 PS) wirken sich die Gewichtsreduktion und die elaborierte Motor-ECU nicht gerade unerheblich aus: Bei stehendem Start nimmt das neue Modell dem alten auf der Achtelmeile gleich vier Fahrzeuglängen (beziehungsweise acht Meter) ab. Der T-Max ist so muskulös wie andere Maxis mit 600 oder 650 Kubik Hubraum. Die Funktionsweise des TCS (die Schlupfregelung wirkt sich sowohl auf Zündzeitpunkt, Benzineinspritzmenge als auch Drosselklappenstellung aus) könnte man sich nicht besser vorstellen: Man merkt das Einsetzen nämlich gar nicht, es gibt lediglich – zum Beispiel auf Schotter – kein durchdrehendes Hinterrad, aber trotzdem gleichmäßige Beschleunigung. Kein Verschlucken, Stottern, Abwürgen, wie man es von früheren Traktionskontrollen oft gewohnt war. Das T-Max-Offert zur Auswahl des Motor-Ansprechverhaltens kann mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen werden: Hat man nämlich einmal vom zahmen T-Modus auf S umgeschaltet, dann will man in den vergleichsweise faden Betriebsmodus höchstens dann wieder zurück, wenn man noch gänzlich unausgeschlafen ist. Gefühlsmäßig kommt einem die Performance wie um zehn PS stärker vor, und es geht die Post ab. Die Wege am Gasgriff sind kürzer und das Ansprechverhalten ist in allen Drehzahlbereichen brillant und knusprig. Obwohl es vor allem eine Software-Lösung ist, werden die Käufer der Grundausstattung nicht mit der Modus-Auswahl beglückt. Das Mapping der T-Max-Basisversion soll laut Yamaha irgendwo zwischen T und S liegen. Die Verbesserungen am Alurahmen, der Schwinge und der Radaufhängung befinden sich auf einem hohen Niveau, das sonst nur Besitzer von Supersportmotorrädern gewohnt sind. Dementsprechend schwer fällt es, im Fahrverhalten einen deutlichen Unterschied zum Vorgängermodell herauszuarbeiten, das ja bereits kaum Wünsch offen ließ. Tolle Beherrschbarkeit und Manövrierfähigkeit vom Schritttempo bis weit in den dreistelligen Geschwindigkeitsbereich, durch das kleinere Gewicht und die etwas schmäleren Felgen ist der Sportscooter jetzt noch einen Tick agiler und lässt sich leichter einlenken. Und dass man am Fahrwerk einen Hauch von Unruhe finden könnte, da braucht man erst gar nicht mit der Suche zu beginnen. Die radial montierten Bremszangen an den vorderen 282-Millimeter-Scheiben kommen wie die gesamte Anlage vom japanischen Hersteller Advics. Gemeinsam mit der 41-Millimeter-USD-Gabel am Vorderrad gibt es kaum Bremstauchen, bei einem Roller ist das immer erfreulich und erwähnenswert. Und auch am Hinterrad ist das ABS sportlich abgestimmt, man kann sogar noch im Regelbereich gute Bremswirkung erzielen. Der klare Druckpunkt ist nicht so hart wie bei Sportmotorrädern, und die Abstimmung ist nicht giftig, aber schon mit wenig Handkraft gibt es mächtige Bremswirkung. Das Windschild von Basic und SX kann mit dem Bordwerkzeug zweistufig um 55 Millimeter höhenverstellt werden. Beim DX ist der bequem elektrisch verstellbare Bereich üppige 135 Millimeter: Mit einem – zugegebenermaßen nicht gerade billigen – Arai RX7-GP sitzt man in allen Positionen völlig verwirbelungsfrei, wobei bei der höchsten Stellung des Schilds eine nicht allzu starke, aber merkliche Sogwirkung spürbar ist. Wie der Wetterschutz bei Starkregen aussieht, müssen längere Tests klären. In Zusammenarbeit mit Vodafone Automotive ist der Yamaha T-Max der erste Großroller mit GPS-Diebstahlschutz, wie man es ähnlich vom Piaggio Wi-Bike (Test in „motomobil“-Folge 024) und vom E-Roller Niu N1S (Folge 025 und auf www.motomobil.at) kennt. Bei unbefugter Bewegung des Fahrzeugs bekommt man eine Nachricht auf die Handy-App, man kann den Standort lokalisieren, und die Polizei wird benachrichtigt. In den ersten beiden Jahren ist das Service für T-Max-Fahrer gebührenfrei, danach kostet es (je nach Land) zwischen 75 und 130 Euro jährlich. Mit My TMAX Connect können unter anderem auch Fahrzeugdaten wie der Batterieladezustand abgerufen sowie Hupe und Blinker fernbedient werden. Beim Design der sechsten Generation ist eine gediegene Weiterentwicklung gelungen: Er ist dynamisch, ohne aggressiv aufzutreten – direkt bei den neuen LED-Scheinwerfern scheint er härter und das Gesicht wirkt etwas g’spitzt, dafür gibt es in der Karosserie viele glatte Flächen und weichere, elegante Kanten. Von hinten betrachtet (und das wird sehr oft vorkommen), ist der neue Yamaha T-Max nun völlig unverwechselbar: Das Stereo-Hecklicht mit seinen breit auseinanderliegenden, senkrechten LED-Zeilen ist sehr muskulös und charakteristisch, ohne derb zu sein. Wirklich schön gelungen. Irgendwie ist die neue Version wieder eine geheime, ganz listige Verführung: Der T-Max war schon immer so gut, dass man ihn als Besitzer eines Vormodells bei einer Neuerscheinung nicht sofort wegschmeißen muss – aber ebenso ist eine würdige Nachfolge erkennbar …
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