ROLLER-TEST
YAMAHA T-MAX 530 YAMAHA T-MAX 530Text: Michael Bernleitner Fotos: Alessio Barbanti, Brian Nelson, Tom Riles SPORT, SPIEL & SPASSDie vierte Generation des renommierten Powerscooters ist ohne Zweifel die Maximierung des sportlich-dynamischen Rollerfahrens![]() Es würde dem druckvollen Charakter des 2012er-T-Max von Yamaha nicht gerecht werden, wenn wir hier zur Einleitung des Fahrberichts zuerst eine erfolgreiche Modellgeschichte abhandeln, dann die endlosen technischen Detailverbesserungen anführen, um schließlich die Testeindrücke und ein Fazit zu schildern. Muss warten, hat Zeit. Denn der neue Yamaha T-Max 530 bleibt zwar eindeutig T-Max, verblüfft aber bereits auf den ersten Metern. Er hat 30 Kubikzentimeter mehr Hubraum als die 2008 vorgestellte dritte Modellgeneration und 2,2 kW (3 PS) mehr Leistung, also 34,2 kW (46,5 PS) und damit gerade einmal sieben Prozent mehr. Das klingt alles andere als berauschend oder gar maximierend. Ganz besonders im heuer neu gewürfelten Maxiscooter-Umfeld mit Honda Integra, Kymco 700 oder den 44 kW (60 PS) des neuen BMW C 600 Sport, der sich wohl zu mehr als einem blau-weißen Achtungserfolg anschickt. Und jetzt der neue T-Max mit einem kleinen Schöpfer mehr Hubraum – der aber ab dem Stillstand anraucht wie nicht g’scheit und losgeht nicht wie die Post, sondern wie die Feuerwehr! Wenn mir jemand gesagt hätte „Du sitzt jetzt auf dem neuen 600er“, ich hätte es blind geglaubt und hätte mir noch gedacht, dass das Zeug für einen 600er-Roller ganz schön ordentlich marschiert. Dabei sind es gerade 530 Kubik, wie bereits allgemein bekannt. Ein Blick auf die Drehmomentwerte kann wenigstens einen Teil des Geheimnisses erhellen: Während der T-Max der dritten Generation mit 46,1 Newtonmetern bei 6500 Umdrehungen aufwartete, bietet der 4G jetzt 52,3 Newtonmeter schon bei tiefen 5250 Touren. Und sieht man sich die zahlreichen Änderungen im Motor und im kräftig erneuerten Antriebsstrang näher an, dann wird die große Richtung klar: Das Yamaha-Ziel war möglichst wenig innere Reibung und geringere Verluste durch Kurbelgehäuse-Innendruck; bei der Variomatik und dem Sekundärtrieb wollte man möglichst wenig Schlupf und geringere Wärmeverluste. Allein die Umstellung vom geschlossenen Rollenkettenkasten zum nahezu wartungsfreien, offen zum Hinterrad laufenden Zahnriemen soll den Gegenwert von etwa 3,5 kW (5 PS) zusätzlicher Mehrleistung bringen. Zusammen mit dem erstarkten Drehmoment kommen wir hier der neuen Lebensfreude des T-Max 4G auf die Spur. Die Lebensdauer des Aramidfaser-Zahnriemens soll übrigens der Gesamterwartung des Fahrzeugs entsprechen, die Wartung (also Nachspannen) ist laut Yamaha nur bei den empfohlenen Wartungsintervallen notwendig. Die Hubraumvergrößerung kommt von einer von 66 auf 68 Millimeter erweiterten Zylinderbohrung. Das Layout des fast horizontal liegenden DOHC-Achtventil-Reihentwins bleibt unverändert, im Inneren wurde aber nahezu jedes Teil auf den Prüfstand gestellt und verbessert. Im neuen Zylinderkopf mit neuer Brennraumform und geänderten Quetschkanten wird die Zündkerze stärker gekühlt; der Durchmesser der Einlassventile ist größer; Nockenprofil und Ventilhub wurden geändert. Für bestmögliche Zerstäubung haben die Einspritzdüsen jetzt 12 mikroskopisch kleine Bohrungen – es sind dieselben Einheiten, die auch in der Yamaha YZF-R6 arbeiten. Die 530er-Kupplung besitzt mehr Lamellen. Kräftigen Eingriffen musste sich das stufenlose Automatikgetriebe unterziehen: Die Kühllamellen der Variomatikscheiben wurden für bessere Wärmeableitung neu designt, die konische Oberfläche ist verchromt.
Das Trockengewicht des T-Max 530 beträgt 200 Kilo und liegt somit zirka vier Kilo unter dem des Vorgängers. Der Motor wiegt ein halbes Kilo weniger, den wichtigsten Beitrag leistet aber die neue, stabile Aluminiumdruckguss-Zweiarmschwinge, die – als keineswegs zu vernachlässigenden Vorteil – die ungefederten Massen stark verringert. Der Sekundärtrieb ist um 35 Prozent leichter als im Vormodell. Der T-Max-Alumiumrahmen wurde mit dem 2008er-Modell eingeführt, in der Version 2012 gibt es feine Abstimmungsänderungen beim Lenkervorbau und der Gewichtsverteilung – diese Gewichtsverteilung ist für einen Scooter mit 48 Prozent am Vorderrad und 52 Prozent hinten sehr sportmotorradorientiert und fahrdynamisch. Die 15-Zoll-Bereifung vorne und hinten steht für ein ausgewogenes Verhältnis von Abrollkomfort und Wendigkeit, für die Stabilität sorgt ein klassenüblich langer Radstand von 1580 Millimetern. Die gelungene und harmonische Abstimmung kann sofort auf den ersten Metern erfreuen: Der 530er-T-Max ist äußerst ausbalanciert und lässt sich ganz fein dirigieren, auch bei Geschwindigkeiten kleiner als Schritttempo gibt’s keinerlei Wackeln oder Zittern. Im Stadtverkehr weiß man das zu schätzen, da kann jede Lücke millimetergenau ausgenützt werden. Die Sportqualitäten kommen kommen dann wie erwartet bei eiliger Reise: Der neue T-Max setzt mehr denn je den Maßstab bei Großrollern, wenn’s um müheloses Handling und Kurvenpräzision geht. Dazu tragen neben den tadellosen Federkomponenten sowohl das stabile Chassis als auch das vergleichsweise geringe Gewicht bei. Und durch die neue leichte Hinterradschwinge mit ihrer geringen Massenträgheit ist der Yamaha gleichzeitig nicht nur der bis jetzt sportlichste, sondern auch der am besten gefederte unter den Maxiscootern. Fast überflüssig zu erwähnen, dass der T-Max völlig frei von Lastwechselreaktionen ist, was besonders bei Gas-zu und Gas-auf in größerer Schräglage zu hohem Sicherheitsgefühl führt. Zum gelungenen neuen Antriebsstrang und zum fehlerfreien Fahrwerk kommt eine mächtige Bremsanlage, die in der Rollerwelt ihresgleichen sucht: Der hintere Bremsscheibendurchmesser wurde auf 282 Millimeter vergrößert; insgesamt ermöglicht das Superbike-taugliche System gewaltige, dosierbare Verzögerung bei sehr geringer Handkraft und klar definiertem Druckpunkt. Bei Schreckbremsungen oder von Ungeübten könnte die Anlage sicherlich leicht überbremst werden und deswegen ist es jedenfalls als Sicherheitsplus anzusehen, dass der T-Max in Österreich ausschließlich in der ABS-Version angeboten wird. Wie steht’s um die „klassischen Rollertugenden“ beim neuen T-Max? Zuerst die Tatsache, dass das Platzangebot für Fahrer bis 1,90 Meter reichlich ist (vielleicht von den durch den breiten Mitteltunnel bedingten schmalen Fußabstellflächen einmal abgesehen); für vollen Wind- und Wetterschutz im Fußraum muss man die Beine etwas zusammendrücken. Die sehr schöne rutschfeste Sitzoberfläche gehört zum gehobenen Qualitätsanspruch des T-Max. Die hinterlüftete Windschutzscheibe wirkt zwar schmal, aber auch in der unteren der beiden Stellungen gibt es bis zum Autobahntempo kein Windgeräusch oder Helmbeuteln. Zum Verstellen braucht man das Bordwerkzeug und zirka drei bis vier Minuten, wie wir selber festgestellt haben. Von Kollegen der Fachpresse wurde auch schon bemängelt, dass die Scheibe nicht elektrisch verstellbar oder schnellverstellbar ist, aber da muss man die Kirche im Dorf lassen: Der T-Max hat einen festen Platz als Sportroller – und mit Inbusschlüssel verstellbar ist immer noch besser als gar nicht verstellbar. Die Rückspiegel sind sportlich-zierlich, die Sicht nach hinten ist gut – leider lassen sie sich nicht komplett an die Karosserie anlegen, beim Anklappen sind sie aber wenigstens schmäler als die Lenkerbreite. Der selbstbewusste Verkaufspreis des Yamaha T-Max steht immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik. Abgesehen von den fahrerischen Aspekten sollte dabei nicht vergessen werden, dass die Verarbeitungsqualität des T-Max, die Materialien und die Oberflächen fast schon in einer eigenen Liga spielen – das ist ein echter Premium-Roller. Zudem bekommt der T-Max in seiner Modellgeschichte unter allen Großrollern mit Abstand die meisten – und meist auch tiefgreifenden – Updates. Jedes Modell ist ohne Wenn und Aber am neuesten Stand der Luxusroller-Klasse. Das kostet was. Es wird spannend, wenn der neue T-Max 530 im Direktvergleich auf die neue 2012er-Konkurrenz von BMW und Honda trifft. ![]() ![]()
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