ROLLER-TEST
VESPA GTV 300 VIA MONTENAPOLEONE Text & Fotos: Michael BernleitnerLAMPE UNTENDie besten Designvorschläge finden sich immer noch in der eigenen Firmengeschichte![]() Krise gibt's in Pontedera bei Pisa keine. Der Erfolg der Vespa in Zahlen? Sogar im „schlimmen Jahr" 2009 wurden weltweit 122.000 Vespas verkauft – um satte acht Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2004 lag der Jahresverkauf noch bei 58.000 Exemplaren. Eindeutig eine Erfolgsgeschichte. Die wahrscheinlich noch sehr lang nicht zu Ende ist. Seite Juli dieses Jahres beglückt uns Piaggio mit dem hochnobel auftretenden Sondermodell GTV Via Napoleone, das die eigene glorreiche Markengeschichte in vielen Details zitiert. Durchaus stilsicher und gekonnt. Am auffälligsten das berühmte „Faro-Basso-Design" – der Scheinwerfer direkt am Vorderradkotflügel ist das legendäre Vespa-Erkennungszeichen der frühen Baujahre von 1946 bis 1957, auch ein für Rennzwecke gefertigtes Six-Days-Modell gab es mit „Lampe unten". Der nackte Chromlenker kommt ebenfalls aus dem Fundus und ist eine wirklich fesche Alternative zu den vielen plastikverkleideten Rollerlenkern. Die Instrumentenkonsole erscheint betont minimalistisch (nicht einmal eine Tageskilometeranzeige gibt es); die Wiederentdeckung der waagrechten Schlitze am rechten Baucherl kennen wir seit der GTS 300; und die auf den ersten Blick zweigeteilte Sitzbank ist eine gekonnte Sinnestäuschung, denn Fahrersitz und Sozius sind am selben Träger montiert, der sich wie eine ganz normale Zweiersitzbank aufklappen lässt und den Gepäckraum freigibt, der – ganz Vespa-GT-typisch – alles andere als klein ist, aber auch nicht so großzügig wie von vielen Japanrollern gewohnt. Wem's gefällt, der wird die GTV 300 verzückt als edles Schmuckstück betrachten. Der Name kommt übrigens nicht von der französischen Route Napoleon, sondern von der exklusiven Einkaufsmeile in Mailand, in der Trends und Mode gemacht werden und auch teuer an die Frau/den Mann verkauft werden. Ist die GTV zum Preis von 5699 Euro (349 Euro mehr als die „normale" 300 Super) ein teures Gefährt? Wir sagen nein, denn allein die sensationellen Chromfelgen – die als Nachrüst-Zubehör einen lawinösen Preis einfordern – sind die Zuzahlung wert. Lenkergriffe und Schalter, schöne Bremshydraulikbehälter, die Sitzbank mit Öko-Lederbezug, das kleine Windschild mit homöopathischer Wirkung – viele Teile an der GTV wirken um das erfreuliche Alzerl nobler. Über den in jeder Lage kraftvollen und saftigen 278-Kubik-Piaggio-Vierventilmotor freut man sich ebenfalls immer wieder. Seine Beschleunigung macht den Roller zum Ampelkaiser, und auch die Endgeschwindigkeit kann sich sehen lassen: Auf der Autobahn sind echte 127 Stundenkilometer drin, dabei zeigt der Tacho 135 an. Wir würden ungern Wien-Innsbruck auf der Via Montenapoleone absitzen müssen, aber eingestreute Auobahnetappen sind auf einer längeren Rollertour fein zu absolvieren – man ist bei weitem nicht der Langsamste am Highway. Auf ebener Fahrbahn macht die kleine 12-Zoll-Radgröße bis zur Höchstgeschwindigkeit keinerlei Stabilitätsprobleme, Schläge und Wellen mag das Fahrwerk bei höheren Tempi nicht so gern. Die Qualität der Vespa-Bremsen hat sich von der Misere der früheren Schaltroller-Zeiten weit abgesetzt, auch das ist mittlerweile bekannt. Der Vespa-Boom geht auch auf der Via Montenapoleone weiter, soviel ist sicher.
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