ROLLER-TEST
PIAGGIO MP3 400 HPEText: Leonardo Lucarelli Fotos: Alexandre Nicolas, David Pell VERKEHRSZENTRALEDer neue Mediumsize-Motor ist eine harmonische und durchtrainierte Bereicherung der MP3-Baureihe![]() Vom Eintreffen des Euro-5-Motors in den neuen Piaggio Beverly 400 profitiert auch die dreirädrige MP3-Baureihe, die jetzt mit den Hubräumen 300, 400 und 500 Kubik wieder komplett ist.
Der Vierventil-Einzylinder mit 26 kW (35,3 PS) Leistung ersetzt den bisherigen 350er – durch die Hubraumvergrößerung und allerhand interne Modernisierungen ergeben sich 16 Prozent mehr Leistung und gleich 30 Prozent höheres Drehmoment als bisher. Außerdem konnte bei der Maximalleistung das Drehzahlniveau um 1500 Umdrehungen gesenkt werden; das stärkste Drehmoment kommt um 750 Touren früher. Das schafft Souveränität und entspanntes Fahren in allen Verkehrssituationen. Ein gewichtsoptimiertes, längeres Pleuel und der verbesserte Kolben aus Aluminiumlegierung (wie sonst in High-performance-Motorrädern) ermöglichen eine vibrationsarme Motorcharakteristik. Zudem gibt es noch die Piaggio-patentierte PCV-Technologie („Positive Crankcase Ventilation“), welche die Panschverluste verringert und damit ebenfalls zur Leistungssteigerung beiträgt. Und es kann ein Motoröl mit geringerer Viskosität (5W-40) verwendet werden. Ebenfalls neu sind die Hochdruck-Einspritzung für besonders effektive Treibstoffzerstäubung, das elektronische Motormanagement von Magneti Marelli und eine Iridium-Zündkerze. Beim stufenlosen Automatikgetriebe in der Triebsatzschwinge gibt es Variatorscheiben mit besserer Kühlung und geringerem Reibungsverlust, somit ebenfalls mehr Performance.
Die technische Theorie ist in der Praxis sofort spürbar: Beim „motomobil“-Proberitt im Pariser Stadtverkehr und kurvig hinaus zum Schloss Versailles zeigt sich der MP3-400-Motor geschmeidig, spontan und kultiviert. Die 211 Kilo Trockengewicht des Trikes sind für den neuen Antrieb unproblematisch – insgesamt ein deutlicher Fortschritt (besonders zu älteren, trägeren und ruppigeren 500-Kubik-Versionen des MP3). Gemessene 140 km/h Höchstgeschwindigkeit – die ohne Anstrengungen erreicht werden – sind ein weiterer schöner Nebeneffekt. Bei der Optik und der hochwertigen Ausstattung des 400ers ist Piaggio keine Experimente eingegangen – warum auch, denn das letzte große Update liegt noch nicht einmal drei Jahre zurück. Das mittelgroße, getönte Windschild mit Handprotektoren schützt auch bei Autobahntempi ausreichend – wer die letzten kleinen Verwirbelungen im oberen Helmbereich eliminieren will, findet im Originalzubehör ein Tourenschild.
Die Unterfütterung der großen Sitzbank ist noch ein bisschen komfortabler, und der voluminöse Gepäckraum erfreut mit seiner nahezu quaderförmigen Auslegung, wodurch auch der letzte Zentimeter Platz bestens genutzt werden kann. Wie gewohnt, passen zwei große Vollvisierhelme hinein, plus diverser Kleinkram. Es gibt außerdem das per Klappe zugängliche Handschuhfach (mit USB-Outlet, leider unversperrbar) über dem klassisch designten Cockpit mit seinen zahlreichen Kontrollleuchten, und außerdem den stabilen Gepäckhaken über dem Mitteltunnel (der praktischerweise nicht allzu hoch ist). Hat man dann noch immer nicht genug Transportmöglichkeiten, gibt es wieder im Zubehörprogramm ein Topcase mit sage und schreibe 50 Litern Volumen, als Alternative auch mit 37 Litern. Als Randbemerkung sei angeführt, dass Piaggio beim Zündschloss der MP3-Modelle noch nicht auf schlüssellose Bedienung per Smartkey-System umgerüstet hat (wie bei den neuen Beverlys).
Über das enorm handliche, unkomplizierte Einlenkverhalten und das hohe Sicherheitsgefühl durch die unbeirrbare Vorderradhaftung müssen beim MP3 nicht mehr viele Worte verloren werden. Und dieses Gefühl trügt nicht – im Verkehrsalltag haben tückische Begleiterscheinungen wie nasses Kopfsteinpflaster, Straßenbahnschienen, Rollsplit oder feuchtes Laub ihren Schrecken verloren. Für viele MP3-Fans ist das wichtig: Denn seit der Einführung des zusätzlichen Fußbremspedals (es wirkt sehr ausgewogen auf Vorder- und Hinterradbremse gleichzeitig) kann der Dreirad-Schwenker auch mit dem Autoführerschein chauffiert werden, ohne auf ein langjähriges einspuriges Vorleben – samt zugehörigen Blessuren – zurückblicken zu müssen. Kein Wunder, dass der MP3 in vielen europäischen Städten zur unübersehbaren Lösung des Stauproblems geworden ist. Das Dreikanal-ABS wurde gemeinsam mit Continental entwickelt; seit der letzten Modellgeneration passt auch die Reibpaarung der gut dimensionierten Bremsscheiben mit den Bremsbelägen. Traktionskontrolle gehört dazu.
In der Version „400 hpe Sport“ gibt es (gegen 300 Euro Aufpreis) einige dezente optische Applikationen, aber als wichtigstes Goodie das Piaggio-MIA-Kommunikationssystem als Standardausstattung: Über Bluetooth verbindet sich das Smartphone mit der Bordelektronik, somit wird das Management von Telefonaten und Musik über die Lenkerarmaturen oder per Sprachsteuerung möglich. Die zugehörige Piaggio-App kann auch Routenaufzeichnungen und umfangreiches Datarecording. Mit dem 400-Kubik-Motor hat Piaggio einen attraktiven und leistungsfähigen neuen Mittelpunkt der MP3-Baureihe entwickelt: Mit seinem kultiviertem Lauf und der feinen Leistungscharakteristik kann er auf Anhieb gefallen; die umfangreiche Ausstattung und exzellente Verarbeitungsqualität des MP3 machen Freude. Das wird was.
DIE TESTAUSRÜSTUNG Helm: Nolan N100-5 Plus Distinctive N-Com Jacke: Clover Rainblade Jeans: Clover Jeans Sys-4 Handschuhe: Clover MS-05 WP Schuhe: TCX Street 3 Waterproof |