Seite 1 von 2 ROLLER-FEATURE
SCOOTER-AUSSTELLUNG IN LOS ANGELESText & Fotos: Michael Bernleitner KRAFTSCHUH & MOTORSESSELNoch bis 28. Mai 2012 wird im Petersen Museum in Los Angeles unter dem Titel „Size Doesn’t Always Matter“ eine wunderbare Ausstellung über die Geschichte des Motorrollers gezeigt. „motomobil“ war dort – folgen Sie hier bitte unserer kleinen Führung durch Kuriosiäten und Meilensteine …![]() ![]() Kleine Roller im Land der Riesentrucks und der V8-Motoren? Die Scooter Exhibition im Petersen Automotive Museum räumt mit dem Vorurteil auf, dass „kleine Mobilität“ in den Vereinigten Staaten nicht gefragt ist. Ganz im Gegenteil: Es gab Dutzende US-Rollerfabrikanten (mehr als 20 davon alleine in Südkalifornien!) und einige von ihnen stellten in ihren besten Zeiten bis zu 300 Fahrzeuge pro Tag her. Der wohlhabende Motorist verwendete den Scooter als einfach zu bedienendes Runabout im Kurzstreckenbereich. Außerdem sind sich Historiker einig, dass der in New York erfundene Autoped von 1915 (siehe auch „motomobil“ Folge 002) der erste richtige Motorroller der Kraftfahrzeuggeschichte ist – er erregte damals mindestens so viel Aufsehen wie heute ein elektrischer Segway. Ein Rundgang durch „Size Doesn’t Always Matter“ zeigt: Viele der in den Vintage-Scootern eingebauten Ideen und technischen Tricks sind moderner als je zuvor LeGrand Jordan war einer der ersten kalifornischen Highway-Patrol-Officers und ärgerte sich über die Unzulänglichkeiten seiner Dienstmotorräder. Bei seinem Jordan-Prototyp drehen sich wegen der ausgeglichenen Balance zwei Längs-Kurbelwellen in gegensätzliche Richtung; die stromlinienförmige Pressstahl-Karosserie ist gleichzeitig der Rahmen. Zeitgenössische Zweiradhersteller sind allerdings an einer Serienfertigung des innovativen und komplexen Fahrzeugs nicht interessiert SALSBURY MODEL 85, 1947 Der in Pomona/Los Angeles erzeugte Salsbury 85 läuft mit einem Sechs-PS-Viertakter und mehrstufigem Automatikgetriebe über 70 Stundenkilometer. Gasgriff und Bremsbedienung sind unkonventionell – es gibt ein Fußpedal für „Go“ und ein Pedal für „Stop“ POWELL STREAMLINER, 1939 Im Jahr 1938 starten die Brüder Channing und Hayward Powell eine Rollerfabrikation in Los Angeles. Wie viele der damals populären Scooter hat der Streamliner sehr kleine Räder, Heckmotor, einen völlig freien Durchstieg und automatische Kupplung. Je nach Baujahr gibt es Modelle mit und ohne Vorderradfederung CUSHMAN EAGLE, 1959 Bereits 1949 vorgestellt, repräsentiert der Cushman Eagle den Aufbruch vom Standard-Rollerdesign hin zum Minibike. Der robuste 500-Kubik-Motor stammt aus einem Rasenmäher und kommt mit einem Zweiganggetriebe aus BRIGGS & STRATTON, 1920 1919 stellt Briggs & Stratton ein kompaktes „Motor Wheel“ als Stand-alone-Einbausatz vor. 1920 gibt es dann einen kompletten, 40 Stundenkilometer schnellen Kleinroller, von dem bis Mai 1923 2500 Exemplare erzeugt werden UNBEKANNTER HERSTELLER, ZIRKA 1920 Dieses Fundstück ist vermutlich ein britischer Prototyp im Originalzustand – gleichzeitig ist es einer der frühesten bekannten Roller mit geschlossenem Motorraum. Viertakter; Albion-Dreiganggetriebe; keine Radfederung, dafür ein aufblasbares lederbezogenes Sitzkissen BOOTH BROS KENILWORTH, 1917 Die ersten englischen Kenilworth-Roller werden mit Kerosinscheinwerfer und Fahrradbremsen ausgeliefert. In den frühen 1920ern gibt es größere Kotflügel und Beinschutz für mehr Komfort, 1925 wird die Produktion wieder eingestellt ABC SKOOTAMOTA, 1919 Der Skootamota ist eines der frühesten Vehikel, das die Features von auch heute noch modernen Rollern definiert. Der englische Konstrukteur Granville Bradshaw versieht den 125-Kubik-OHV-Viertakter mit direktem Kettenantrieb zum Hinterrad; Höchstgeschwindigkeit ist 25 Stundenkilometer MOTO-SCOOT SOLO CENTURY, 1939 Der Solo Century ist ab 1936 ein riesiger Erfolg und kann kann in zahlreichen Varianten (auch mit Seitenwagen und Anhänger) bestellt werden. Ab 1939 bietet Firmengründer Norman Siegal zusätzlich das dreirädrige Moto-Kar an, das viele Komponenten des Rollers verwendet CUSHMAN AUTOGLIDE, 1937 Der große amerikanische Maschinenbauer Cushman steigt 1936 mit dem Autoglide ins Rollergeschäft ein, um seinen Motorenabsatz zu steigern. Auch heute noch erzeugt Cushman Nutzfahrzeuge für industrielle und kommerzielle Verwendungszwecke KEEN DELUXE POWER CYCLE, 1940 Die Keen Manufactoring Company in Madison, Wisconsin, verwendet in ihrer Power-Cycle-Modellreihe Clinton-Motoren mit Kickstarter und 1,1 kW (1,5 PS) Leistung. Die ausgestellte Shortbody-Version ist eines von nur drei überlebenden Exemplaren dieses speziellen Modells CUSHMAN AIRBORNE, 1944 Statt Federung hat der Militärroller besonders weiche Reifen, eine Reichweite von 150 Kilometer, er bewältigt 30 Zentimeter tiefe Wasserdurchfahrten und ist mit einem Seitenventil-Motor mit automatischer Fliehkraftkupplung über 60 Stundenkilometer schnell. Er wird am Fallschirm abgeworfen, um den Paratroopers am Boden schnelleres Vorwärtskommen zu ermöglichen. Am Trailer kann Artillerie mitgeführt werden ROCK-OLA DELUXE, 1938 Am Höhepunkt der Scooter-Popularität in Amerika bringen sich sogar etliche branchenfremde Firmen ein: Der berühmte Jukebox-Hersteller Rock-Ola borgt sich etliche Design-Ideen vom Salsbury Motor Glide, er ist aber besonders stylish und besitzt eine fortschrittliche Vorderradaufhängung MOHS KING O’THE ROAD, 1947 Mit fast vier Metern Länge ist der King O’The Road der größte Motorroller der Welt. Das knapp 100 km/h schnelle, von einem 16-PS-Onan-Generator angetriebene Einzelstück wurde vom nur 14 Jahre jungen Erfinder Bruca Baldwin Mohs gebaut. Im Alter von 15 fährt er damit die 500 Meilen von Paducah, Kentucky, nach Madison, Wisconsin, in 16 Stunden und setzt damit einen regionalen Geschwindigkeitsrekord |